Juli | 2024 – Interview mit Sarah von Ameln
Die Lese-Rechtschreibschwäche oder auch „Legasthenie“ erschwert Kindern das Erlernen der Schriftsprache erheblich. Aktuellen Schätzungen zu Folge sind ungefähr 4-5% aller Kinder in Deutschland, von deutlichen Problemen beim Schriftspracherwerb betroffen (dbl: Lese-Rechtschreibstörung). Sarah von Ameln, aus unserem Team „Logopädie Zentral“ ist Dyslexietherapeutin, Logopädin und Psychologin.
Was ist die fachliche Definition einer Leserechtschreibschwäche?
Der Begriff LRS steht für Leserechtschreibschwäche oder Leserechtschreibstörung und meint die besonderen Schwierigkeiten eines Kindes Lesen und/oder Schreiben zu erlernen. Gleichbedeutend wird der Begriff Legasthenie verwendet. LRS ist nach ICD (Internationale Statistische Klassifikation der Krankheiten) und DSM (Klassifikationssystem der Psychiatrie) als Krankheit definiert.
Ab wann können Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiberwerb festgestellt werden?
Bereits in der 1. Klasse können besondere Schwierigkeiten beim Erlernen von Lesen und/oder Schreiben beobachtet werden. Es fällt den Kindern dann oft schwer sich den Klang von Buchstaben zu merken und diese fürs Lesen und Schreiben zusammen zu ziehen.
Wie und wo können die Lese- und Rechtschreibleistungen überprüft werden?
Es gibt spezielle Tests zur Überprüfung der Lese – und Schreibfähigkeiten. Diese können von LehrerInnen, SchulpsychologInnen, LerntherapeutInnen, ErgotherapeutInnen, LogopädInnen oder Kinder- und JugendpsychiaterInnen durchgeführt werden.
Welche Möglichkeiten gibt es zur Förderung, wenn eine LRS festgestellt wurde?
Wenn eine Lese-Rechtschreibstörung festgestellt wurde, kann eine spezielle schulische Förderung oder eine außerschulische Förderung im Sinne einer Lerntherapie dem Kind helfen.
Wie wird eine Lerntherapie finanziert?
Eine Lerntherapie müssen Eltern selbst bezahlen. In Hamburg kann jedoch über die Behörde für Schule und Berufsbildung eine AUL (Außerunterrichtliche Lernhilfe) beantragt werden, deren Kosten dann anteilig übernommen werden. Ausgeschlossen sind davon Schüler bei denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wird. Entwickeln sich bei dem Kind seelische bzw. psychische Probleme, die mit der LRS zusammenhängen, kann eine Kostenübernahme durch das Jugendamt beantragt werden.
Wenn LRS oder Legasthenie mit Hilfe der ICD als Krankheit festgestellt werden kann, bezahlt dann nicht die Krankenkasse die Lerntherapie?
Nein. Nur in Einzelfällen, wenn zusätzliche sprachliche Einschränkungen, Wahrnehmungsprobleme oder motorische Probleme bestehen kann der Arzt eine logopädische oder ergotherapeutische Therapie verordnen, die die Krankenkasse bezahlt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Kinder Sprachlaute noch vertauschen oder einen sehr geringen Wortschatz haben. Oder wenn Kinder den Stift noch nicht richtig halten können.
Wie kann auf das Kind im schulischen Kontext eingegangen werden? Gibt es einen Nachteilsausgleich?
Wenn eine Leserechtschreibschwäche durch die Schule, die PsychologIn, die PsychiaterIn oder die LerntherapeutIn festgestellt wurde, kann die LehrerIn Maßnahmen zum Nachteilsausgleich und zum Notenschutz geltend machen. Dies kann bedeuten, dass mündliche Leistungen stärker gewichtet werden als schriftliche, oder dass der betroffene Schüler mehr Zeit zum Bearbeiten schriftlicher Aufgaben bekommt.
Was können Eltern und Sorgeberechtigte tun, die bei ihrem Kind eine LRS vermuten?
Zunächst sollten sich die Eltern an die verantwortliche LehrerIn wenden und sich mit ihr austauschen. Aus diesem Gespräch sollte hervorgehen, wo und wie die Lese-Rechtschreibfähigkeiten näher untersucht werden sollten.
Was kann Logopädie Zentral zur Unterstützung anbieten?
Kinder, die neben den Schwierigkeiten beim Schreiben und Lesen lernen, auch mündlich Sprachprobleme haben, können wir logopädisch behandeln. Oft besteht ein Zusammenhang zwischen Probleme in der mündlichen Sprache und einer LRS. Zudem führen wir bis zur 10. Klasse standardisierte Lese- Rechtschreibtestungen durch und leiten daraus Behandlungspläne für eine Lerntherapie ab. Wir können also überprüfen, ob das Lesen und Schreiben altersgerecht entwickelt ist und mit welchen Übungen ein Kind beim Lernen unterstützt werden kann.
Weitere Informationen zu dem Thema finden Sie zum Beispiel auf LegaKids.net.